„Wollen Sie nicht endlich Farbe bekennen?“ ist der Titel des Artikels, der in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung am 27.9.2015 erschienen ist. Marcus Stölb hat mich neben dem Farbforscher Prof. Axel Venn interviewt. Das Thema: Farbe ist mehr als Weiß, auch wenn es nicht immer gleich die knallrote Wand sein muss.
Farbnuancen
Die enorme Vielfalt von ungefähr 9 Millionen Farbnuancen lassen sich unterscheiden und benennen. Alle diese Farben können Gefühle auslösen oder Stimmungen erzeugen. In Räumen kann das fatale Folgen haben. Unterbewusst spüre ich sofort, ob ich hier bleiben will oder lieber hinaus-gehen möchte. Raumstimmungen spiegeln menschliche Empfindungen wieder, unabhängig davon, ob sie auf bewusst ausgewählten Farbtönen und einer Farbharmonie aufgebaut sind oder nicht,
Trends bedienen sich dieser Raumstimmungen. Doch disee können schnell wieder out sein oder überhaupt nicht zu den Bewohnern passen.
Weiß an der Wand
Aus Unsicherheit wird oft die Farbe Weiß an die Wände gestrichen. Doch gerade in diesen weißen, leeren Räumen fühlen wir uns kaum wohl, oder? Oft höre ich von meinen Kunden, wenn wir kräftigere-Akzent-Farben ausgesucht haben: Hier machen wir dann Weiß. Warum nur? Natürlich schlage ich hier an der Stelle gedeckte Weiß-Töne, wie Eierschale, helles Vanille-Creme oder auch andere zarte, manchmal kühlere Blau- oder Grüntöne vor. Da gibt es ganz viele zarte Farbtöne, die an der Wand wirklich wunderschön wirken.
Chancen werden vergeben, wenn die Wahl einfach auf die Farbe Weiß fällt. Dabei muss es ja gar nicht immer kunterbunt zugehen.
Vorgehensweise: leicht zum gelungenen Farbkonzept
Ganz wichtig finde ich, dass der Tapetenwechsel sorgsam geplant wird. Ein gutes Farbkonzept braucht Zeit, die man sich auch nehmen sollte. Natürlich hängt es davon ab, wie die Architektur der Räume aussieht, wie der Raum genutzt wird und welche Menschen sich darin aufhalten. Erst wenn das alles bekannt ist, kann eine gute und vernünftige Farbentscheidung angedacht werden, die langfristig gefällt.
Wenn ich von Kunden gerufen werde, starte ich als erstes mit meinem fachpsychologischen Test. Daran sehen meine Kunden und ich, welche Farbwelt meiner Kundschaft gefällt. Danach beginne ich erst mit der Feinabstimmung, um die Farbvorlieben in die Wohnräume zu bringen. Erst bei dieser wird der Farbton der Wand an vorhandene Bodenbeläge, Möbel oder auch Raumtextilien angepasst.
Farbpsychologie
Die Präferenzen meiner Kunden verraten mir natürlich etwas über deren Persönlichkeit. Sind sie eher die introvertierten oder die extrovertierten Menschentypen. Extrovertierte Menschen mögen kräftigere Farben und auch lautere Kontraste, wohingegen die Introvertierten gerne zarte Farben mit sanften Kontrasten vorziehen.
Im Beratungsgespräch wird es natürlich interessant, wenn ein Extrovertierter und ein Introvertierter zusammen leben und sich zusammen einrichten. Hier gilt es, genau abzuwägen, wer welche Bereiche oder Wohnräume häufiger nutzt und schätzt. Derjenige von beiden Partnern bekommt die entsprechende Farbwelt, die ihm gut tut. In gemeinschaftlich genutzten Räumen finden wir natürlich einen guten Kompromiss für beide.
Um die Ecke gedacht
Kleinere Flächen farbig zu streichen hilft, um die Architektur bewusst hervorzuheben oder zurückzunehmen. So schafft man leicht einen guten Kontrast zum Vorhandenen und dazu ein neues Raumgefühl. Das wichtige ist, dass die Eintönigkeit durchbrochen wird, denn diese strengt langfristig körperlich an. Wichtig ist, dass einerseits nicht zu viel Unruhe in den Raum gebracht wird, aber andererseits auch Experimentierfreude zugelassen wird. Diese kann in Räumen, die nur kurzzeitig genutzt werden, wie Flur oder Eingangsbereich, wirklich wie ein wahres Wunder wirken. Die rote Wand im Flur wird natürlich viel länger gerne angesehen als in einem Hauptaufenthaltsbereich, wie im Esszimmer.
Wirkung und Zusammenspiel von Licht und Farben
Draußen in der Natur fühlen wir uns immer noch am wohlsten. Erholung erleben wir und Geborgenheit spüren wir draußen besonders, wenn wir unter einem Blätterdach sitzen, also im grünen Halbschatten. Jetzt, in der dunklen Jahreszeit, brauchen wir die Geborgenheit daheim, natürlich in unseren Wohnräumen. Unser Wohnzimmer ist halt doch unser Erholungsraum Nummer eins.
Ob uns ein Farbton an der Wand auch abends gefällt, hängt vom Licht und der Beleuchtung ab. Je nach Helligkeit kommt der Farbton stärker oder auch schwächer zur Geltung oder er verändert sich. Licht bestimmt wesentlich die Wirkung von Farben, denn ohne Licht sehen wir überhaupt keine Farben.
Zusammenfassung:
In der Farbauswahl gibt es Verschiedenes zu beachten wie Raumproportionen, Raumnutzung oder auch die Menschentypen, die sich in den Räumen aufhalten. Auch der Lichteinfall von draußen oder die Beleuchtung am Abend zeigen, wie Wandfarben wirken. Daheim entspannt leben und regenerieren wird immer wichtiger in der Schnelllebigkeit der heutigen Zeit. Entscheidend für die Auswahl Ihrer Wandfarben finde ich, dass diese Ihnen gefallen und zu Ihnen passen. Egal was ihre Freundinnen dazu sagen.
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